Michas Schraubereien

verschiedenste Gedanken meiner selbst.

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22 .September 2005

[metatheologie?] konservativ vs. libertär. Zwischen den Stühlen

by @ 01:18. Filed under metatheologie, nachdenkliches.., politisches..., privates

Text eingeschränkt lizensiert unter Creative Commons-Lizenz Creative Commons License

Wir haben ja grade ne Zeit, wo wieder überall von Politik gesprochen wird.

Nun ja.

Ich komme (politisch gesehen) aus einem eher links-orientiertem Lager..
früher fand ich den DDR-Sozialismus eigentlich ganz toll und war sauer,
als dann die DDR einfach für ein paar Bananen und Westschokolade und so genannte “Reisefreiheit” verkauft wurde. (Nun kann jeder überallhin reisen.. vorausgesetzt man hat das Geld dazu.)
(Vorweg-Antwort auf mögliche Frage: Nein. Aus jetziger Sicht finde ich scheiße, wie es lief in der DDR. Es war halt ne Art von totalitärem System … aber: leben wir heute nicht auch in einem “totalitärem System”? Der Diktator heißt nun Mammon. Es haben diejenigen die Macht, die am meisten über diesen Götzen verfügen können.)

Jedenfalls..
irgendwann bin ich Christ geworden.

Theologisch gesehen bin ich eigentlich Vertreter des “konservativen Lagers”.

Trotzdem hat sich an meinen politischen Einstellungen nicht viel getan. Außer, dass Gott dazukommt. (was mich übrigens eher noch weiter in linksorientierte Gesinnungen treibt..)

Nun ja.
Anfangs (das heißt, als “Babychrist”) dachte ich, als echter Christ muss man “links” sein.
Das heißt, wenn ich mir verschiedene Wertde der Bibel und des Christentumes anschaue, stelle ich fest, dass sich das am ehesten mit Ideologien der Linken deckt.
Später dann entdeckte ich mehr und mehr Christen.. und mehr und mehr Linke.

Ich war dann erstma ne Weile schockiert.
“Wie kann man als Christ CDU wählen müssen?”
“Wie kann man als Linker “bibeltreue” Christen hassen müssen?”

Später dann merkte ich, dass das irgendwie der Normalfall ist.. was viele Ursachen (auch geschichtliche) hat, und was ich einfach tieftraurig finde.

Aber:
wie geht das nun?
wie kann ich einerseits “konservativ” und andererseits “libertär” sein? (Oder kurz: warum sitz ich immer zwischen den Stühlen?)
Beide Worte mal in umgangssprachlichen Sinne verstanden..

“Konservativ” bedeutet, platt gesagt, das “Festhalten an unveränderlichen Werten”, das “Aufrechterhalten des Status quo”, das “Bleiben beim Alten”.

“Libertär” bedeutet, ebenso platt gesagt, die “Freiheit des Einzelnen” als höchster Wert, sträubt sich gegen das “Bleiben beim Alten” und ist ständig auf der Suche nach neuen genialen Wegen.
Man mag so wenig wie möglich irgendwie “von oben” bestimmt werden.
(Die genaue Definition beider Begriffe ist unglaublich komplex und kompliziert..)

Also:
Folgende Erklärung habe ich für mich gefunden:
Es ist für mich legitim, theologisch konservativ zu sein.
Denn mein Glaube beruht auf der Bibel und auf der Beziehung zu Gott.
Die Bibel ändert sich nicht, und Gott ist auch derselbe gestern und heute und in alle Ewigkeit.
Jesus ist mein Fundament.
“Feste Werte” also.

Gesellschaft (Def.”politisch”=”alles, was sich auf die Gesellschaft auswirkt”)
ist allerdings alles andere als ein fester Wert.
Die Bedingungen ändern sich ständig und sind nie an zwei verschiedenen Punkten die selben.
Eigentlich kann man hier gar nicht nach “Schema F” verfahren.
Ich bin dazu gezwungen nicht-konservativ zu denken und zu handeln, da ich ansonsten mir und anderen Gewalt antun würde.

Ergo:
Geht doch.. theologisch halbwegs konservativ und politisch libertär ist kein Widerspruch.

Trotzdem:
1.) Es gibt viele Christen, die theologisch konservativ sind und deshalb denken, auch politisch konservativ sein zu müssen.. und z.B. CDU oder PBC wählen zu müssen. (Deren “Politik” beschränkt sich dann meistens auf die Themen “Kontra-Abtreibung”, “Kontra-Homosexualität”, manchmal noch “Pro-Israel” .. ach, und “Gottesbezug im GG bzw. der EU-Verfassung”.)
2.) es gibt viele Christen, die politisch libertär sind und diesen Maßstab auch an die Theologie anlegen und daher auch nicht akzeptieren können, dass Gott (als einer “von oben”) über sie regiert. (Deren “Evangelium” beschränkt sich dann oft auf “Seid nett zueinander!”)
3.) auch ich muss aufpassen, dass ich diese beiden “Brillen” nicht miteinander verwechsel.
Generell muss man sich seine Brille(n) genau ankucken und sie genau kennen.. damit man wirlich richtig sieht… oder damit man wenigsten weiß, was man wahrscheinblich falsch sehen wird.. oder so ähnlich … damit man weiß, “warum sehe ich etwas so, wie ich es sehe”.
4.) ich sitze oft zwischen den Stühlen. Blutenden Herzens.

PS.: lesenswerte Lektüre: Karl Barth. “Christengemeinde und Bürgergemeinde”
PPS.: Seid nett zueinander! ;-)

!solidaridad de pecadores!


wichtige Ergänzung:
man lese bitte auch storchs Kommentar und meine Antwort darauf.

2 Responses to “[metatheologie?] konservativ vs. libertär. Zwischen den Stühlen”

  1. storch Says:

    schöner post. ist das hier ein tippfähler? “Später dann entdeckte ich mehr und mehr Christen.. und mehr und mehr Linke.” vom zusammenhang her hätte ich “rechte” erwartet.

    sagst du, dass konservativismus einen einfluss hat auf die theologische sicht und die politik, oder dass, die politische sicht einen einfluss hat darauf, wie wir die bibel verstehen (das wäre ja metatheologie)?
    das habe ich nicht ganz kapiert.

  2. schrauberpack Says:

    ..nee. das ist kein Tipfehler.

    Ich lernte später sowohl mehr Menschen kennen, die Christen sind,
    als auch mehr Menschen, die “dem linken Spektrum zuzuordnen sind” (wie das die Polizei immer so schön sagt).

    Dabei habe ich festgestellt,
    dass die Schnittmenge beider Mengen doch ganz schön klein ist.. weshalb ich das so verkürzt geschrieben hatte.

    Das ist ja grade das, was mich so erstaunte… dass es ganz ganz wenige Menschen gibt,
    die konservativ-gläubig und politisch libertär sind.

    Und ich fragte mich:
    1.) woran liegt das?
    2.) wieso bin ich beides? Bzw. bin ich wirklich konservativ-christlich und politisch-libertär? (Sofern ich versuche mich mal “in schubladen zu stecken”)

    Die Gesellschaft kann man ein bisschen inn Gruppen teilen..
    Konservative,
    Aussteiger,
    Bürgerliche,
    Ökos, (die sind nich unbedingt links.. z.B. die Grünen, oder Öko-Yuppies)
    Erlebnissucher (Sunny Boys.. generation fun)
    Akademiker..

    na ja.. so grob eingeteilt halt..
    (da gabs mal irgend so ne studie, die das ma bissl untersucht hat.. jedenfalls erinnere ich mich, dass ich da mal während meines theol. Seminars so was dran hatte..)

    jede dieser gesellschaftl. Lager hat unterschiedliche Werte und Prioritäten und einen unterschiedlichen way-of-life.

    Nun haben wir ein Phänomen:
    Oft kommt es vor, dass ein Angehöriger solch eines gesellschaftlichen Lagers davon ausgeht, dass er/sie selber alles richtig machen. (Ist ja auch logisch.. siehe meinen Post “jeder Mensch denkt, man selbst hat recht”)
    …und die anderen sind halt “doof” (platt gesagt).

    Eion weiteres Phänomen ist folgendes..
    während der Bevölkerungsanteil konservativ geprägter Menschen bei ca. 20% liegt (nach jener Studie),
    liegt er in der Christenszene bei ca. 80%.
    (das heißt nicht, dass die meisten konservativ orientierten Menschen wiedergeborenene Christen sind.. nach anderen Studien ist der Anteil wiedergeborenener Christen in Deutschland bei ca. 2-5%.. sofern man das überhaupt ermitteln kann..)

    Nun ja..
    ich vermute hier komplexe Zusammenhänge..

    Man betrachtet das Leben ja irgendwie durch seine “Weltsicht/Weltanschauungs-Brille”.

    Und ich frage mich..
    vielleicht haben die meisten Menshcen davon nur eine..
    ..und ich benutze vielleicht mehrere solche Brillen.. je nachdem, um was es geht..

    Das alles (mein Beitrag und dieser Kommentar) sind keineswegs abgeschlossene Gedanken… ganz ähnlich wie du die Beiträge deines weblogs gesehen haben willst..

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