Michas Schraubereien

verschiedenste Gedanken meiner selbst.

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29 .November 2005

[serie heimatliebe] Teil 2.1. Zwischenspiel. “Erzgebirge”

by @ 08:40. Filed under Serien, heimatliebe, politisches..., theologisches

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Das Erzgebirge.. unendliche Weiten..
Heutzutage vor allem bekannt wegen der “original erzgebirgische Volkskunst”-Artikel und der Bergbautradition.

Ich möchte dies nun mal von einer anderen Seite beleuchten:
(dazu verwende ich mein Wissen und wikipedia/erzgebirge)

the other side..

Vor etwa 900 Jahren wurde im Erzgebirge im Raum Freiberg Silber- und Zinnerz entdeckt.
Das führte zu einem sogenannten “Berggeschrey“… sowas wie der nordamerikanische “Goldrausch”.
Um 1450 wurde auch im Raum Annaberg/Schneeberg Silbererz gefunden.. das zweite Berggeschrey..

Man betrieb intensiven Bergbau.
Insgesamt gelangte die gesamte Region zu Wohlstand..

Überreste des damaligen Wohlstandes findet man heute noch..
In Joachimsthal/Jachymov gab es sehr ergiebige Silbervorkommen.. es wurde dort gleich vor Ort der sogenannte “Joachimsthaler” geprägt.. benannt nach dem Ortsnamen.
Davon leitete sich die Bezeichnung “Taler” ab.. und hiervon wiederum die Bezeichnung “Dollar”. (schon gewußt? )

..aber auch damals schon war jener Reichtum sehr ungleich verteilt..
Adelsgeschlechter wurden reicher und reicher..
Doch das Leben des einfachen Bergmannes war sehr hart.
Damals gab es noch kein Dynamit.. und auch die Werkzeuge waren noch ohne jeglichen maschinellen Antrieb.
Man arbeitete sich per Hammer und Schlägel in den Berg.. wenn das Gestein sehr hart war, konnte es schon mal sein, dass man nur 1-5 Meter pro Jahr (!) vorwärts kam..
Teilweise wurde das Gestein mit Feuer gefügig gemacht.. ordentlich Feuer legen am Ende des Stollens, dann mit Wasser abschrecken.. da springt das Gestein.. (man nennt das “Feuersetzen”)
Und wenn man trotz jahrelanger harter Arbeit doch nicht auf ein Flöz traf, hatte man einfach Pech gehabt.. alles für die Katz. Ganz zu schweigen von der ständigen Gefahr durch Grubenunglücke bzw. Einstürze.
Und immer schön im Dunkeln arbeiten.. mit ner kleinen Funzel als einzige Beleuchtung.
Vor allem im Winter muss das derbe gewesen sein.. man fährt früh beizeiten, wenn noch alles dunkel ist, ein.. und man kommt erst abends, wenn schon wieder alles dunkel ist, raus.
Damit sich die Bergleute zu Feierabend wenigstens ein bißchen an einem Licht erfreuen konnten, stellten deren Frauen abends eine brennende Kerze ins Fenster. Daher übrigens der ganze erzgebirgische Lichterspuk in der Weihnachtszeit.

Die körperliche Belsatung war sehr groß.. durch die Staubbelastung, durch Grubengase (z.B. Radon) und durch die harte körperliche Arbeit verschliss der Bergarbeiterkörper ziemlich schnell.. die Lebenserwartung betrug daher oft 30-40 Jahre.

Es wurden natürlich später noch andere Erzvorkommen genutzt.. ab dem 19. Jahrhundert wurden Kobalt (für Kobaltblau) und Uran für die Farbherstellung abgebaut.

Doch nicht immer boomte der Bergbau.. wenn eine Lagerstätte erschöpft war, musste man umstrukturieren..
Von irgend etwas musste man ja leben..
So gab es sehr viel Heimarbeit im Erzgebirge .. vor allem die Textilindustrie lebte auf.. ebenso die holzverarbeitende Industrie.. Holzspielzeug.

Nun ja.. stellen wir uns das Ganze noch vor unter den Bedingungen der Industrialisierung.. da kann man sich leicht ausmalen, in welchem Elend ein Großteil der Bevölkerung lange leben musste.

Dann, zu DDR-Zeiten, in den 50er und 60er Jahren..
Die Uranvorkommen im Erzgebirge waren sehr bedeutend..
..und die Russen waren sehr scharf drauf.
So wurde mittels der Wismut AG ein regelrechter Raubbau in den Tiefen des Erzgebirges betrieben.. Das Uranerz wurde als Reparationszahlung von den Russen gefordert.
Hunderttausende arbeiteten in den Bergwerken..
z.B. Johanngeorgenstadt:
Heute hat die Stadt meines Wissens 9.000 Einwohner.
Zu beginn der 50er waren es aber mehr als 100.000 .. innerhalb von nur wenigen Jahren wurde in der Tiefe unter der Stadt ein Stollennetz von 1000km Länge errichtet.. Der Berg unter der Stadt wurde durchlöchert wie ein Schweizer Käse…
12 Sohlen (d.h. “Etagen unter Tage” im Bergbau), 3 Schichten am Tag. Pro Schicht, Sohle und Schacht 6m Vortrieb. und das nicht nur in einem Schacht.. es waren wohl irgendwann 20 Schächte…

Da wurden Leute zu tausenden verheizt.. oft wurde nicht richtig aufgeklärt über die Strahlung.. Bergarbeiter machten ihre Frühstückspause auf Uranerzkisten..
Die Staubbelastung war enorm.. erst mitte der50er Jahre setzte man bei den Bohrungen Wasser zur Staubminderung ein.. vorher wurde trocken gebohrt..
Von den damaligen Bergleuten leben heute nicht mehr viele.. vor allem die, die als “hauer” gearbeitet hatten, starben irgendwann an den Spätfolgen.. Staublunge. teilweise Strahlenschäden.

Men Opa arbeitete im Revier Hartenstein/Schlema, von 1950-1953.
Er brauchte damals unbedingt Arbeit, um die Familie durchzubringen.
Er arbeitete als Hauer.. und zwar wurde damals noch trocken gebohrt.. wenn ich so drüber nachdenke, wundert es mich dass er noch lebt.. langsam kriegt er Probleme.. aber er ist nun auch schon 78.
1953 gab es ein schweres Grubenunglück in dem Schacht, wo mein Opa arbeitete.. er hats noch raus geschafft.. aber ein paar Dutzend andere nicht mehr..
Nach dem Grubenunglück machte er das Arbeitsjahr noch voll, dann hat er aufgehört.

Im gesamten Erzgebirge bzw. in ganz Sachsen gab es haufenweise Industrie zu DDR-Zeiten..
Bergbau, Maschinenbau, Textilindustrie und anderes..
Nach der Wende fiel davon vieles weg..
massig Arbeitslose wieder mal..

Nun ist das Erzgebirge wieder eine Problemregion..

Was ich jetzt mal komplett weggelassen habe,
ist die NS-Zeit.
Ganz Deutschland war damals “braun”.
Auch das Erzgebirge.
Die NS-Zeit ist sicherlich was für nen Extra-beitrag. Mal sehen.. vielleicht recherchier ich noch bissl.

Noch eine andere Seite des Erzgebirges:
Das Erzgebirge ist ein ziemlich frommes Eck.
heute gibt es zahlreiche Gemeinden.. und auch die normalen Landeskirche sind teilweise ziemlich fit unterwegs.
das hat auch bissl geschichtliche Tradition..
z.B. Johanngeorgenstadt.
Diese Stadt wurde in der Reformationszeit gegründet.. da mussten nämlich viele protestantisch gewordene Menschen aus katholischen Regionen fliehen.. und Johanngeorgenstadt entstand durch solche Siedler..

Zudem gab es hin und wieder Erweckungen in der Region..
auch zu DDR-Zeiten..
hier gab es auch charismatische Bewegungen.. usw..
Das spielte sich zu einem nicht unerheblichen teil auch innerhalb der Kirche ab.

Andererseits ist das Erzgebirge auch voll von Sondergruppen.. Sekten.. Neonazigruppen. Und anderes.
Ein weiteres Problem im Erzgebirge:
der Aberglaube.
Man könnte meinen, er sei ausgerottet - mitnichten!
Grade alte Leute sind immer noch sehr abergläubig..
..und auch in jungen Generationen findet sich teilweise versteckter Aberglaube.. und ich beobachte, dass es auch christliche Formen von Aberglaube gibt.. zumindest sind die Erzgebirgler da ein bisschen anfällig.

so.
Das reicht jetzt erstmal für den zweiten Teil.
ich könnte sicherlich noch mehr und noch besser schreiben.
Aber - das wird jetzt erstma veröffentlicht.
Mein Blog ist schließlich ein Weblog und keine zeitung. Erst recht keine wissenschaftl. Arbeit..
meine Finger werden nlangsam kalt.. ich hab grade 12 Grad in der Bude..

zu Teil 3.1 meine Heimat .. wer bin ich?>>
zu Teil 2.3a: Entfremdung (de Krippelkiefern, Laabn in ner fremden Stadt)>>
zu Teil 2.3: Das Weihnachtoratorium der “Krippelkiefern”>>
zu Teil 2.2a. Arthur Schramm>>
zu Teil 2.2 Anton Günther>>

<<zu Teil 1. Einleitung. “Anlichteln”

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